Haushalte, die elektrisch heizen und E-Autos laden, verbrauchen mitunter mehr Strom, als lokale Netze zur Verfügung stellen können. Ab Januar kann die Energie nun »in zwingenden Ausnahmen« gedrosselt werden.
In Deutschland werden immer mehr Elektroautos und Wärmepumpen verkauft. Wenn beide gleichzeitig Strom brauchen – etwa an kalten Winterabenden, an denen Menschen ihre Heizung hochdrehen und ihr E-Auto laden möchten – kann das zum Problem für Verteilnetze werden, konkret für die Niederspannungsleitungen auf den letzten Kilometern zu den Häusern. Wie geht man damit um, wenn der Strom einmal knapp wird?
Die Bundesnetzagentur hat für solche Fälle nun Regeln aufgestellt: Netzbetreiber dürfen künftig den Strombezug von neuen steuerbaren Wärmepumpen oder Ladestationen zeitweise einschränken, wenn eine Überlastung des Stromnetzes droht. Dabei müsse aber »eine Mindestleistung immer zur Verfügung stehen«, teilte die Bundesnetzagentur mit.
Der Ansatz der Bundesnetzagentur besteht vor allem darin, dass Netzbetreiber den Strombezug neuer Ladestationen und Wärmepumpen vorübergehend einschränken dürfen, wenn das nötig ist, um eine Überlastung des Verteilnetzes vor Ort zu vermeiden. Es geht in dem Fall also nicht um die großen Stromautobahnen von Nord nach Süd.
50 Kilometer statt voller Ladung
Was bedeutet das konkret? Die Verteilnetzbetreiber dürfen den Bezug der betroffenen Haushalte für die Dauer der Überlastung auf bis zu 4,2 Kilowatt senken. »Damit können Wärmepumpen weiter betrieben und E-Autos in aller Regel in zwei Stunden für 50 Kilometer Strecke nachgeladen werden.« Der reguläre Haushaltsstrom sei davon nicht betroffen, erklärte die Behörde.
Der Balanceakt für die Behörde: Einerseits sollen die Vorgaben etwas bewirken; andererseits sollen unter anderem Wärmepumpen nicht stundenlang ausgeschaltet werden. Von einer »zwingenden Ausnahme« oder »Ultima Ratio« war im Vorfeld die Rede. Verbraucher sollen im Idealfall kaum bemerken, wenn ihr Strombezug gedrosselt wird; eine Basisleistung soll sicher sein.
Im Gegenzug bekommen die Betreiber der steuerbaren Geräte, also etwa Haushalte, eine Ermäßigung. Entweder als jährliche Pauschale beim Netzentgelt oder als Reduzierung des Strom-Arbeitspreises um 60 Prozent für die jeweiligen Geräte. Wer sich für die Pauschale entscheidet, kann sich ab 2025 auch noch für ein zeitvariables Netzentgelt entscheiden. Verbraucher zahlen dann bei Strombezug in Zeiten schwacher Netzauslastung weniger Netzentgelt. Die Netzbetreiber dürfen zudem den Anschluss von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen nicht mehr mit Verweis auf mögliche Engpässe verweigern.
Die Bundesnetzagentur geht davon aus, dass Eingriffe der Netzbetreiber nur in Ausnahmefällen erfolgen müssen, auch die Komforteinbußen hielten sich in Grenzen. »Vollständige Abschaltungen« zum Beispiel seien nicht mehr zulässig, hieß es. Die Netzbetreiber müssen solche Steuerungseingriffe außerdem im Internet veröffentlichen. Damit sei auch für eine breite Öffentlichkeit nachvollziehbar, wenn in einzelnen Netzbereichen Probleme aufträten und der Netzbetreiber sein Netz besser ausstatten müsse.
Regeln ab Januar
Die neuen Regeln gelten ab Januar. Bei bestehenden Anlagen, für die bereits eine Vereinbarung zur Steuerung durch den Netzbetreiber besteht, gibt es langjährige Übergangsregelungen. Bestandsanlagen ohne eine solche Vereinbarung bleiben dauerhaft ausgenommen, können aber freiwillig mitmachen. Nachtspeicherheizungen sollen dauerhaft nicht unter die neuen Regeln fallen.
Die Bundesnetzagentur warnte in der Vergangenheit immer wieder vor Engpässen: Zwar investieren Betreiber bundesweit Milliarden in den Ausbau der Ortsnetze. Trotzdem kommt es vor, dass die Unternehmen neue Ladestationen erst nach einer Wartezeit anschließen, wenn sie mit dem Ausbau vor Ort nicht mehr hinterherkommen. Der Großteil der Niederspannungsnetze in Deutschland ist noch nicht für einen schnellen Hochlauf von E-Autos und Wärmepumpen gerüstet, erklärte die Bundesnetzagentur.
Quelle: Spiegel.de
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