Eine kleine Weinreise durch Deutschland – Teil II

Fahren wir weiter auf unserer kleinen Weinreise durch Deutschland. Nur ein kleiner Sprung über das Hundsrück und wir sind im nächsten Weinanbaugebiet mit Weltruf

– der Mosel.

Die Mosel-Region ist Deutschlands ältestes Weinanbaugebiet. Hier pflanzten schon die Kelten und die Römer vor über 2000 Jahren Reben in die Steilhänge. Und steil ist hier wirklich steil – der Bremmer Calmont, der steilste Weinberg Europas, hat eine Neigung von bis zu 68 Grad. Da kann so mancher felsige Alpenriese nur staunen.

Sicherlich, wir sind schon wieder in einem Riesling-Gebiet. Die Rieslinge von der Mosel sind sehr fruchtbetont und haben einen überraschend niedrigen Alkoholgehalt, was sie in der Riesling-Welt einmalig macht.

Doch ich möchte heute Ihr Augenmerk auf eine weniger bekannte, uralte Weißweinsorte lenken – den Elbling. Der Elbling ist die wohl älteste, weiße Rebsorte Deutschlands. Und da wir bereits so viel über den Riesling geplaudert haben – der Elbling ist laut seiner DNA ein guter Verwandter vom Riesling.

Der Elbling wird fast ausnahmslos an der Obermosel ausgebaut. Nur auf den Weinbergen von Schloss Proschwitz (in der Nähe von Meißen) stehen noch einige Rebstöcke.

Der Ruf des Elblings ist kontrovers. Beschreibt ihn der Ambrosi als „leicht und dünn ohne Aroma“, so prognostiziert ihm das Deutsche Weininstitut „eine große Zukunft als hervorragender und unkomplizierter Sommerwein“. Aufgrund dieser gewaltigen Meinungsunterschiede möchte ich mir erlauben, hier mein eigenes Urteil über diesen Weißwein mit einfließen zu lassen.

Meines Erachtens ist der Elbling ein sehr leichter Sommerwein mit starken zitronigen Noten. Sein Säureniveau ist mit dem seines Verwandten Riesling vergleichbar. Er ist im Alkoholgehalt meist sehr zurückhaltend und an heißen Sommertagen getrunken überaus erfrischend. Abends auf der Terrasse mit einem guten Buch in der Hand ist er im Sommer eindeutig mein Favorit.

Nach so viel Weingenuss wollen wir uns nun den Genüssen der bezaubernden Mosel-Landschaft widmen.

Das touristische Mosel-Weinland erstreckt sich von Trier bis zum Deutschen Eck in Koblenz. Auf diesen rund 250 km reihen sich romantische Örtchen, in denen die Zeit stehen geblieben scheint, verwunschene Burgen und erstklassige Winzerwirtschaften aneinander. Die lieblichen Hänge sind gesäumt mit Rebstöcken und Lettern wie: „Wehlener Sonnenuhr”, „Kröver Nacktarsch“ oder „Erdener Treppchen”. Und die Königslage, der „Bernkasteler Doctor” – eine Weinberglage mit weltweit hervorragendem Ruf.

In den Orten an der Mosel herrscht eine unvergleichliche Leichtigkeit, alles wirkt gelassener, freier, ungezwungener. Überall treffen wir auf Winzer mit ihren Weinen und Geschichten, sangesfreudige Gesellschaften in lustiger Ausgelassenheit und Wein- und Wanderfreunde, die mit der Sonne um die Wette strahlen. Die Nähe zu Frankreich ist unverkennbar.

Und diese Nähe spiegelt sich auch in der Moselküche wieder. Eine Feinschmeckerküche mit den mediterranen Einflüssen aus der Römerzeit und der göttlichen Kochkunst Frankreichs gepaart mit den deftigen Köstlichkeiten der Winzer macht unseren Ausflug zu einem lukullischen Exkurs.

Die wohl bekannteste Mosel-Köstlichkeit ist das in einem feinen Wein-Trester-Sud marinierte Tresterfleisch – jeder Sud ein bestens gehütetes Familiengeheimnis.

Die malerischen Flusswindungen der Mosel überraschen immer wieder mit historischen Kleinoden und Fachwerkidylle.

Über den Traumpfad „Eltzer Burgpanorama“ erreichen wir den Inbegriff einer deutschen Ritterburg – der Burg Eltz. Anstrengende 13 km Wanderung werden mit atemberaubenden Aussichten und romantischen Rastplätzen belohnt. Oder wir fahren mit dem Auto hinauf und nutzen den Pendelbus für die letzten Meter bis zur Burg. Unverkennbar – wie eine Märchenburg liegt sie eingebettet in den Eltzer Wald und strotz auf einem Felsen errichtet mit ihren acht Wohntürmen in die Höhe.

Und noch eine Burg will erobert werden – die Burg Metternich. Hoch oben über dem wildromantischen Beilstein erbaut, thront sie mit einer wunderschönen Panoramaterrasse und einem unvergleichlichen Weitblick über das Flusstal und die lieblichen Berghöhen.

Beilstein zu Fuße der majestätischen Burg scheint geradewegs einem Märchenbuch entsprungen. Doch Achtung, wie in einem Märchenland gibt es auch in Beilstein keine Geldautomaten! Also nur mit genügend Bargeld in der Brieftasche anreisen.

Verwinkelte Gässchen, blumengeschmückte Fachwerkhäuser und versteckte kleine Weinstuben laden zum Verweilen ein und verweilen werden wir nach unserer Wanderung definitiv in einem der von Bäumen beschatteten Gartenlokale oder mit herrlichem Ausblick direkt an der Uferpromenade. Es wundert Niemanden, dass Beilstein bereits Kulisse vieler deutscher Heimatfilme war. Heinz Rühmann und Willy Millowitsch waren hier zu Dreharbeiten, ebenso wie ausländische Filmproduktionen. Zuletzt nutze 1998 die BBC das „Dornröschendorf“ für seinen Historienfilm „Vanity Fair“.

Die Mosel schlängelt sich elegant weiter Richtung Trier, vorbei an dem extravaganten Traben-Trarbach mit seiner Jugendstilarchitektur. Nur eine Meander weiter stoßen wir auf die Kleinstadtperle Bernkastel-Kues.

In Bernkastel-Kues versammeln sich so renommierte Weingüter wie S.A. Prüm, Dr. Loosen oder Markus Molitor – um nur einige zu nennen. Viele Weine dieser Weinelite werden im verwinkelten Gewölbekeller des Cusanus-Stifts zur Verkostung angeboten. Hier kann man nach Herzenslust aus einer Auswahl von rund 150 Wein- und Sektspezialitäten aus dem gesamten Anbaugebiet Mosel-Saar-Ruwer aussuchen und probieren. Entsprechend lustige und sangesfreudige Stunden haben die dicken Gewölbemauern bereits erlebt.

Nach so viel Wein machen wir einen gemütlichen Bummel durch die romantische Altstadt von Bernkastel und lassen uns vorbei an den liebevoll restaurierten kleinen Lädchen, einladenden Straußenwirtschaften und imponierenden Fachwerkhäusern zum Marktplatz treiben. Dort erwartet uns Bernkastels süßeste Seite – das Café Hansen.

Zum Abschluss noch ein kleiner Tipp für die Frauen unter uns – in Bernkastel kann man wunderbar Schuhe shoppen. Schauen Sie doch mal in „Das Schuhlädchen“ in der Römerstraße.

Im Moselland gilt es noch viel mehr als diese kleine Auswahl zu entdecken – die mannigfachen Spuren der römischen Vergangenheit, sakrale Kulturschätze zwischen Himmel und Erde, stimmungsvolle Feiern und Feste oder „Lauschtouren“ per Fahrrad.

Enden möchte ich auch heute wieder mit einem kleinen Gedicht – diesmal vom Schriftsteller Julius Wolff:

Ich habe getrunken manchen Wein
in manchem Land beim Wandern;
der eine fuhr mir ins Gebein,
im Kopf fühlt ich den andern;
ins Herz doch ging mir keiner so
und machte mich so frei und froh
und ledig aller Bande
wie Wein vom Mosellande.

 

Annette Feustel

Ich möchte darauf hinweisen, dass die Erwähnung einiger Winzer, Gaststätten oder Läden keine Werbung darstellt, sondern der entsprechenden Literatur entnommen oder selbst ausprobiert wurde.