Leise müssen sie sich reinschleichen

Es war ein von Anfang an zum Scheitern verurteiltes Unterfangen. Es war mehr ein Säbelrasseln, ein Machtvergleich zwischen der USA und der Sowjetunion. Denn sie, die Russen waren ja schon einmal in Afghanistan gescheitert. 10 Jahre hatten die Russen vergeblich versucht, die stätig wachsenden inneren Unruhen in Afghanistan zu befrieden. Nicht zuletzt auch wegen der Unterwanderung durch die US-Amerikaner – unterstützten sie doch finanziell und militärisch ihre späteren Erzfeinde – konnten sie den Widerstand der islamistischen Gruppen nicht brechen.

Nach dem Abzug der sowjetischen Armee wuchs der Einfluss der islamistischen Gruppen, der späteren Taliban, auf die innere Ordnung in Afghanistan mit verheerenden Folgen für die Bevölkerung und das Ausland. Waren die erstarkten Taliban doch die Initiatoren des Terroranschlages 9/11.

Als Antwort schickte G.W. Busch 2001 die ersten US-Amerikanischen Militäreinheiten nach Afghanistan. Im Rahmen des NATO-Verbundes beschloss darauf hin die rot-grüne Bundesregierung unter G. Schröter Ende 2001 die Beteiligung deutscher Truppen in Afghanistan.

Doch es wurde „nichts gut in Afghanistan“ (Margot Käßmann, Weihnachten 2009). Der ursprünglich vorgesehene Einsatz der Bundeswehr zur Stabilisierung der inneren Ordnung in Afghanistan weitete sich mehr und mehr zu Kampfeinsätzen gegen die Taliban aus.

Und dann? Fast unerwartet kündigt J. Biden den Abzug der US-amerikanischen Militäreinheiten ab 1. Mai 2021 an. Die Hinterlassenschaft der NATO-Truppen fasst ein afghanischer Taxifahrer mit folgenden Worten zusammen: „Im Namen der NATO habt ihr euer Geld hier ausgegeben, eure Waffen ausprobiert und sie hier verkauft. Und jetzt geht ihr hier Hals über Kopf raus und hinterlasst einen kalten Krieg. Ihr seid gekommen, um Terror zu beenden, aber anstatt die Terroristen zu besiegen, gibt es hier jetzt viel mehr von ihnen.“ (Silke Diettrich, ARD-Studio Neu-Delhi)

Und dann kommen sie – unsere Bundeswehrsoldatinnen und -soldaten, die vielen zivilen Einsatzkräfte. Doch kein dankendendes Händeschütteln von der Verteidigungsministerin, kein gebührender Empfang durch den Bundespräsidenten, nicht einmal einen Zapfenstreich (natürlich Corona bedingt – zum Glück kann man vieles mit Corvid19 begründen) erwartet sie. Leise schleichen sie sich wieder in ihre Familien, in den deutschen Alltag.

59 Soldaten der Bundeswehr sind in Afghanistan gefallen, viele seelisch und körperlich gebrochen.

Annette Feustel

PS: „Die Welt“ verkündet am 06.07.2021, 9:49 Uhr, Stellungnahme Annegret Kramp-Karrenbauer:

Die Entscheidung für eine stille Ankunft sei auf ausdrücklichen Wunsch der Soldaten getroffen worden… Es sei vereinbart, die Soldaten und zivilen Beschäftigten aller Einsatzkontingente der vergangenen zwei Jahrzehnte in Afghanistan am 31. August mit einem zentralen Abschlussappell in Anwesenheit des Bundespräsidenten, der Bundeskanzlerin und des Bundestagspräsidenten im Verteidigungsministerium zu ehren.