Interview mit Jens Lehmann (CDU) zur Bundestagswahl 2021

Der Direktkandidat der CDU zur Bundestagswahl im Wahlkreis 152 (Leipzig I Nord), Jens Lehmann. Der frühere Bahnrad-Olympiasieger Lehmann gilt als eines der Aushängeschilder der Union im Freistaat Sachsen

MOCT: Das CDU-Wahlprogramm „Das Programm für Stabilität und Erneuerung. Gemeinsam für ein modernes Deutschland“ wurde am 21. Juni 2021 veröffentlicht. Welche Programmpunkte sind für Sie persönlich wichtig, besonders die Themen? Nennen Sie drei Themen.

    1. LEHMANN (CDU): Das Thema, was uns momentan alle beschäftigt, ist natürlich der Klimaschutz. Das umfasst Braunkohle usw., CO2-Neutralität bis 2045 – was beispielsweise im Wahlprogramm steht -, wir möchten der erste CO2-freie Kontinent werden – steht auch im Programm.

 

    1. Das zweite wichtige Thema ist für mich natürlich auch die Stabilität, auch die finanzielle Stabilität: Keine neuen Schulden, keine Steuererhöhungen – das sind wichtige Pfeiler, die sozusagen auch in unserem Wahlprogramm stehen.

 

  1. Das dritte ist für mich ein thematisches Thema: Ich bin auch im Verteidigungsausschuss. Es wird mit Sicherheit immer Streit ums Geld geben und der Verteidigungsetat ist an seinen Grenzen angekommen und soll demnächst schrumpfen – das möchten wir als Union beenden. Im Programm steht das 2-Prozent-Ziel Nato-Ausgaben, das ist, wohin wir uns auch orientieren wollen – was auch für mich ein wichtiger Punkt ist. 

 

MOCT: In Leipzig kommt das Konzept von Pop-up-Radwegen nur recht langsam voran – andere Städte tun sich da leichter. Inwiefern setzen Sie sich als langjähriger professioneller Radsportler und Mitglied des Leipziger Stadtrats für eine Popularisierung jener Idee und eine darauf aufbauende generelle ökologische Verkehrswende hin zu weniger Autoverkehr ein?

    1. LEHMANN (CDU): Wie Sie es gerade gesagt haben, erstmal als Stadtrat: Ich bin seit 2004 in Leipzig Stadtrat. Und wenn Sie sehen, was wir seit 2004 auch in Leipzig an Radwegen gebaut haben – was im Großen und Ganzen hier in der Stadt Leipzig nicht mein Verdienst alleine ist, aber auch mein Zutun mit war, kann man sagen, das ist eine Richtung, wo ich mich auch als offizielles Mitglied des Stadtrats einsetze. 

 

    1. Selbstverständlich bin ich als Radfahrer… ich bin nun mal bekannt – jeder, der mich anspricht, für den bin ich halt der Radfahrer, der Olympiasieger -, und das nehme ich mir auch vor: Ich fahre selbst viel Rad, gehe natürlich auch viel zu Fuß und esse wenig Fleisch. Also für mich ist die Ökologie nicht nur etwas, das man das im Fernsehen oder irgendwo predigen muss – So, dass müssen die anderen alles machen -, sondern ich lebe das vor.

 

    1. Und dass man aber auch – sozusagen – in der Stadt einen Verkehrsmix hat: Also ich bin grundsätzlich dagegen, dass man das eine aussperrt und nur Fußwege, nur Fahrradfahrer oder nur Autos hat. Nein, es muss alles funktionieren.

 

  1. Und ich finde ja, dass Leipzig da trotzdem auf einem guten Weg ist. Wir sind eine der Fahrradstädte in Deutschland, das muss man auch sagen, und es werden immer mehr – es gibt ja logischerweise auch viele Fahrradhändler, die sagen: Mensch, wir können momentan gar nicht soviel liefern, wie die Leute sich ein Fahrrad kaufen. Wir haben eine sehr, sehr gute Umgebung, und es fehlen halt noch Dinge, teilweise die Umgebung noch ein bisschen besser zu erschließen, aus Leipzig raus. Aber Sie können mir glauben, wenn ich vor 20 Jahren durch Leipzig mit dem Fahrrad gefahren bin, ist das ein himmelweiter Unterschied, und das soll man einfach weiter fortsetzen. Da würde ich mich gern als Stadtrat einsetzen, aber auch mit meiner Popularität als radfahrender ehemaliger Sportler.

MOCT: Sind Sie auch Autofahrer? Haben Sie ein Auto?

  1. LEHMANN (CDU): Ich bin natürlich auch Autofahrer und weiß um die Problematiken: Also ich passe schon im Verkehr auf auf die Radfahrer, aber genauso gut als Radfahrer auf die Autofahrer. Also den Paragraph 1 der Verkehrsordnung sollte man immer… – das ist für mich auch wichtig – gegenseitige Rücksichtnahme. Also man muss auch schon beide… – also man kann nicht in Leipzig davon ausgehen, dass alles in Leipzig nur mit Fahrrad stattfinden wird.

MOCT: Dann möchte ich nochmals zurückkommen auf das Thema CO2. in Ihrem Programm steht – ich zitiere -: „Europa hat die Chance, der erste Kontinent CO2-neutraler Mobilität zu werden“ (S. 30). Wie ist das zu schaffen?

    1. LEHMANN (CDU): Indem wir Technologie brauchen, die es ermöglicht. Andersrum brauchen wir auch… ich habe einen Vorschlag gemacht mit 22 Unions-Kollegen, der heißt „Grüne Null“, also wir haben selber tatsächlich gesagt, wie wir uns das vorstellen können: Und zwar heißt das beispielsweise, dass wir die ganzen Subventionen, aber auch Steuern, die es für alles Mögliche gibt, wenn man das mal alles weglassen würde, dafür diesen CO2-Preis tatsächlich erhöhen würde, da würde jeder sich am Riemen reißen. Aber wenn wir bis 2045 klimaneutral sein möchten, ist dann sozusagen keiner mehr belastet, weder von Subventionen, noch durch Steuern.

 

    1. Und das sind einfach Dinge, die man… wenn sie sagen Autos, ich kann mir schwer vorstellen, dass wir dann nur mit Elektroautos fahren, weil dieses Kobalt usw., was dort abgebaut werden muss… wir brauchen die Ladeinfrastruktur – momentan ist, finde ich… auch diese Verbrennungsmotoren, wenn wir die alle jetzt abstellen, weiß ich nicht, wie das funktionieren soll. Ich glaube, wir brauchen synthetische Kraftstoffe – es gibt in China ein großes Projekt, da müssen wir mal sehen, wie das hierher kommt. Also ich setze viel auf den Wasserstoff, und zwar auf grünen Wasserstoff – wenn man momentan den Wasserstoff herstellt, ist es viel zu teuer, kostet es mehr als normaler Strom, beispielsweise. Aber es gibt gerade in Leipzig… im Umweltforschungszentrum wird seit vielen Jahren geforscht, und ich war letzte Woche im Heizkraftwerk in Leipzig, da wird ein großes Projekt vorangetrieben, wie man so ein duales Heizkraftwerk bauen kann, was man mit erneuerbarer Energie fahren kann, solange, wie es die gibt, und dass man da aber gleich umstellen kann, dass es mit fossilen Energien fährt. 

 

  1. Also ich sage mal Technologien. (a) muss man selber immer – das ist für mich ganz ganz wichtig, das vorleben, nicht nur einfach sagen: Ja, die anderen sollen das machen. Also wirklich, ich lebe das – das kann mir auch jeder glauben -, ich gehe wirklich viel zu Fuß, fahre viel Fahrrad. Dann muss man halt gucken, dass man als Deutschland vorankommt, dass man natürlich auch die Wirtschaft irgendwo erhalten muss – das ist mir klar -, das schafft man nur mit Technologien, die jetzt nicht irgendwo abgeschlossen sind. Ich möchte natürlich nicht in ganz Leipzig hier 100.000 Windräder haben, aber beispielsweise bei Photovoltaik bin ich der Meinung, haben wir noch viel Luft nach oben, wo man beispielsweise – nicht auf der grünen Wiese, da habe ich auch meine Schwierigkeiten -, aber wir haben viele Häuserdächer. Ich bin beispielsweise jetzt mit vielen Garagenbesitzern unterwegs, die sagen – natürlich, die tragen auch die Nöte an mich heran -:Wir haben so große Garagenhöfe, wir kaufen uns jetzt ein neues Auto, vielleicht unser letztes  – wenn es ältere Leute sind -, aber wenn man das z. B. mit Photovoltaik laden könnte usw. Das sind einfach Dinge, die man vorantreiben muss. Und natürlich muss man immer gucken, weil jeder hat ein Handy, jeder hat das, vielleicht kann man auch mal selber bei sich ein bisschen runterfahren mit Energie. Aber gelingen wird das nur – in Europa beispielsweise -, wenn wir sagen: Wir steigen aus der Braunkohle aus – da bin ich auch, ehrlich gesagt, relativ zuversichtlich, dass es nicht erst 2038 passieren wird, weil einfach die erneuerbaren Energien oder Wasserstoff oder was auch immer, da vorankommen.

MOCT: Okay, aber ich persönlich, als Autofahrer, verstehe das Eine, dass die Preis richtig steigen, wir sehen jetzt die Preise schon gestiegen. Wenn Diesel zuvor 1,- EUR gekostet hat, jetzt kostet er schon 1,40 EUR, 1,50 EUR, und dann entsprechend gehen alle Preise hoch, weil viele Lebensmittel werden transportiert mit LKWs, und wirklich, das passiert.

    1. LEHMANN (CDU): Das ist tatsächlich so, darum habe ich ja auch gesagt, haben wir vorgeschlagen, dass dann dafür – auch wenn es da hochgeht -, das kann man ja selber theoretisch steuern, auch für sich selber, fährt man halt vielleicht weniger, aber dass man grundsätzlich auch entlastet wird, beispielsweise beim Strom wird man entlastet mit der EEG-Umlage, die geht weg, und dass man… aber was manch auch sich ehrlich eingestehen muss – weil jeder redet übers Klima und über Klimaschutz usw., und jetzt sieht man die Flutkatastrophe -, aber wenns irgendwo teurer wird, möchte es keiner haben: Soll es der andere machen. Also ich glaube mal schon, wenn wir es uns ehrlich bewusst machen – und dafür bin ich eigentlich -, wenn wir das haben wollen, wenn man das möchte, kostet das auch für alle irgendwo Geld.

 

    1. Und da gab es noch die Debatte Vermieter-Mieter: Bezahlen die Vermieter von dieser CO2-Umlage oder nicht – finde ich auch nicht, weil jeder muss irgendwo selbst versuchen, sich in seinem Eigenen versuchen einzuschränken und darum ist die CO2-Umlage okay.

 

    1. Tanken, gut, Sie müssen tanken, wenn Sie auf Arbeit fahren usw. – bzw. in Leipzig vielleicht weniger, aber es gibt auch viele Leute, die ja pendeln, also es sind Hunderttausende, die in Leipzig täglich rein pendeln, die können jetzt nicht alle mit dem Fahrrad kommen oder so.

 

    1. Meiner Ansicht nach muss man auch den öffentlichen Personen- und Nahverkehr deutlich mehr ausbauen. Da bin ich in Gesprächen, ich war vor zwei Wochen erst in Gesprächen mit Seilbahnbauern – es gibt auch viele Großstädte, in Deutschland auch, aber die in Südamerika (Mexico City usw.) Seilbahnen machen, und die waren in Berlin bei mir und haben das vorgestellt, was die so vorhaben. Das nehme ich jetzt bald mit in den Stadtrat – weil – klar -, ob man jetzt den ganzen Auwald mit einer S-Bahn oder U-Bahn durchschneidet, das glaube ich eher nicht, aber wir brauchen den öffentlichen Nahverkehr, und mit so einer Seilbahn… Da gibt es viele rechtliche Dinge: Was ist, wenn das übers Grundstück geht bei mir, und wo darf der Mast stehen usw. – das ist in Deutschland sicherlich auch kompliziert -, aber was die mir vorgestellt haben, die fahren die zu den großen S-Bahn-, U-Bahn-Stationen hin. In Berlin gibt es eine, die haben sie vor ein paar Jahren gebaut – nur mal so für eine Gartenausstellung – und die haben sie dann behalten, weil sie so gut ist. Und ich finde, man sollte das Denken nicht einstellen in solchen Beziehungen.

 

    1. Mich hat auch letztens auf der Klimakonferenz einer gefragt, ob ich für neue Technologien bin oder für erneuerbare Energie – ich sage, das ist für mich eins, also man muss ja immer… die Welt entwickelt sich ja immer weiter. Ich bin jetzt nur dagegen, dass man sagt: E-Autos, das ist das Einzige, dass es auf der Welt gibt. Und vielleicht, wenn sie sagen mit Ihrem Diesel-Auto, ich denke mal auch, synthetische Kraftstoffe sind deutlich klimaneutraler, vielleicht werden Sie dann auch mit weniger CO2-Preis oder mit gar keinem belastet, da sind Sie auch wieder billiger. Also ich glaube mal, das ist immer auch ein Wettlauf der Wissenschaftler und der Forscher und dass wir da vorankommen. Das ist jetzt, man sieht das, dass das notwendig ist. Und ich bin auch dagegen, dass man sagt, die eine Partei ist für den Klimaschutz, die andere für die Wirtschaft oder sonstwas – nein.

 

    1. Also ich sage auch voller Stolz: Ich bin 1981 nach Leipzig gekommen. Ich komme aus dem Harz, da ist es schön usw… ich bin jetzt von hier gefahren nach Borna, da war rechts und links nur ein Loch und in Espenhain war Dreck… ich erlebe das seit 40 Jahren hier, wie das hier… – aber ich bin auch stolz, wie das sich hier entwickelt hat. Das ist ja nicht erst seit vorigem Jahr, dass wir hier Umweltschutz machen, das ist ja trotzdem in großen Schritten vorangegangen.

 

  1. Und trotzdem müssen wir auch gucken, dass wir nicht scheinheilig sind – In Deutschland so schön, alles toll – in Afrika, wie das alles abgebaut wird, wie da produziert wird, oder in Asien usw. ist uns egal – und das muss man halt gucken. Wir haben ja das Lieferkettengesetz beschlossen jetzt, dass man auch mal da schaut: Wer produziert wie und wie kommt das hierher. Und man sollte halt auch weltweit alle beteiligen. Weil nur wir alleine können das Klima auch nicht retten, das müssen wir auch dazu sagen.

MOCT: Sie sind Mitglied des Leipziger Stadtrats. In Leipzig gibt es mehr als 1000 Vereine, welche sind mit Integration, Kultur, Politik, Arbeit und weiteren Fragen beschäftigen. Welche Instrumente planen Sie für die Unterstützung Vereine und Verbände? (Im Programm kommt das Wort Vereine nur einmal vor auf Seite 114 unter der Überschrift „Radikalisierungen verhindern“ – ansonsten steht dort keine Information über Vereine).

  1. LEHMANN (CDU): Erst mal muss man sagen, dass in Leipzig… wir haben über 1000 Vereine und ich bin seit über 20 Jahren beispielsweise Vizepräsident des Stadtsportbundes in Leipzig, der die ganzen Sportvereine in Leipzig – das sind 400 Sportvereine, das muss man natürlich auch mit zu Leipzig zählen -, und da machen wir als Stadt relativ viel auch die Vereinsförderung. Und wir machen im Sport, in Kultur und auch in allen anderen Vereinen doch als Stadt eine relativ gute Förderung. Und auch im Bund gibt es dafür… wir haben ein neues Ehrenamtsgesetz beschlossen, wir haben ein Geldwäschestransparenzgesetz beschlossen – das ist auch, wo die Vereine entlastet werden noch einmal. Wir machen grundsätzlich für die Vereine finanziell sehr viel, aber auch ideell sehr viel und der Bund ist theoretisch oder auch praktisch… beispielsweise bei den Sportvereinen ist nicht der Bund zuständig, das ist Landes- bzw. kommunale Sache.

MOCT: Das Thema Russland ist für uns wichtig. Ihre Partei nimmt zu Russland eine kritische Haltung ein. Wie kann Ihrer Meinung nach der konstruktive Dialog mit Russland gefördert werden?

  1. LEHMANN (CDU): Wir sind ja eine Volkspartei – muss man sagen -, das ist nicht nur unsere Partei. Z. B. ist unser Ministerpräsident in Sachsen zu Putin gefahren und hat sich mit ihm getroffen – das finde ich auch sehr, sehr wichtig. Unsere Bundeskanzlerin, die ja genauso in meiner Partei ist, hat gestern „Nordstream 2“ auch durchbekommen – was ich auch sehr wichtig finde, und da können Sie mir glauben, die Widerstände von amerikanischer Seite waren schon nicht wenig. Und auch in der eigenen Fraktion – da gebe ich Ihnen Recht -, es sind nicht alle begeistert davon – das sind aber teilweise wirtschaftliche Interessen, sind auch… da geht der Riss – glaube ich – nicht mal zwischen den Parteien, es geht – ehrlich gesagt, glaube ich mal eher – nach Ost- und Westdeutschland, weil wir – auch nach 30 Jahren – im Osten haben traditionell bessere und andere Beziehungen zu Russland und auch die ganze Boykott- und Sanktionsdiskussion betrifft natürlich viele sächsische sehr hart. Und ich bin immer für Handel – und da bin ich auch auf der Seite von Michael Kretschmer, dass man da hinfährt, und auch die Gasleitung funktioniert seit 40 Jahren oder wie lange und mein Bruder hat da auch mitgebaut daran. Ich finde, Handel ist immer das Beste, was man auch machen kann, um friedlich nebeneinander zu koexistieren. Und da würde ich jetzt nicht pauschal sagen, die Union hat da ein Problem mit – grundsätzlich gibts da in Bayern ein andere Meinung als in Hamburg, und in Sachen und Brandenburg, die haben sicherlich wieder eine andere Meinung. Aber da halte ich mich eher an unsere sächsischen Union, und auch die Kanzlerin hat jetzt auch die Beziehungen nie abreißen lassen, hat auch viel versucht, auch da mit darauf einzuwirken. Und sie hat ja auch ein wichtiges Wort und sie ist ja trotzdem immerhin auch mit in meiner Partei. Wenn Sie jetzt sagen, die Partei nimmt eine kritische Haltung gegenüber Russland ein… sehe ich – ehrlich gesagt – nicht so.

MOCT: Sie haben schon erwähnt, Sie sind Experte im Bereich Klimaschutz usw. In Ihrem Programm steht eine Menge über Umweltschutz. Die Hochwasserkatastrophe hat im Westen der Bundesrepublik schon jetzt knapp hundert Menschenleben gefordert. Auch Sachsen wurde nicht verschont. Die Meteorologen sagen, dass der Klimawandel künftig häufiger zu so extremen Wetterphänomenen führen wird. Was schlägt die CDU vor, um derartige Hochwasser- oder auch Dürrekatastrophen wie im letzten Jahr 2020 künftig zu verhindern?

  1. LEHMANN (CDU): Erstmal ist es die Natur, und verhindern kann man das erstmal gar nicht – also man kann versuchen, dem entgegenzuwirken, indem man wirklich Klimaschutz einführt oder mehr forciert und dass man solche Dinge vielleicht abwandelt, dass man die Erderwärmung stoppt. Letztendlich liegt tatsächlich nachweisbar irgendwo an der Erderwärmung, und wir haben alle doch relativ üppig gelebt – aber das haben viele Nationen natürlich auch eingesehen, wir haben das Pariser Klimaschutzabkommen beispielsweise, wir hatten vorher schon Klimaschutzabkommen, wo man sich auf den Weg begibt. Jetzt sieht man halt, dass man sich teilweise doch ein bisschen mehr mal anstrengen muss – aber abwenden, in dem Sinne, dass man jetzt irgendwie einen Schalter umlegt und dann gibt es kein Hochwasser mehr, was jetzt beispielsweise auch in Westdeutschland passiert…

MOCT: Aber es geht wirklich um die Maßnahmen, verstehen Sie?

  1. LEHMANN (CDU): Darauf wollte ich ja gleich kommen. Ja, das ist der zweite Schritt, dass man natürlich alles Mögliche bauen kann – dass beispielsweise wie in Grimma, da sind war ja nun ganz nah dran, hat man eine hohe Wassermauer gebaut. Und wenn man das zweimal erlebt hat… ich kenne persönlich Leute, die haben 2002 ein Haus gebaut in der Nähe von Grimma, es ist fertig gewesen, Flut gekommen, fünf Jahre renoviert, 2013 wieder Flut – die haben das jetzt abgerissen, weil das eigentlich sinnlos ist, die haben da keine Mauer, das ist ein Stück außerhalb von Grimma. Sowas kann man machen und ich habe das auch gestern gesehen in anderen Städten oder gelesen, dass die das gebaut haben – aber die sagen auch: Das hilft bis zu einer gewissen Grenze, und wir reden ja neuerdings immer von Jahrtausendhochwassern. Wenn das nächste noch zehnmal höher ist und die Flutmauer hilft auch nicht mehr – also solche Mauern bauen und alles, das hilft kurzfristig und hoffen … oder Stauseen bauen usw. Ja, Maßnahmen brauchen wir, aber das sind nur Maßnahmen, die man so nach und nach versuchen kann, dass es irgendwie ein bisschen gelindert wird – aber wenn z. B. wie die letzten Jahre, die Bauernverbände waren alle in Berlin, und zwar regelmäßig… wenn man so sieht, wie das auch alles vertrocknet ist, auch auf den Feldern, das ist ja auch eine Lebensmittelfrage. Ich wohne direkt an einem Feld, mir geht das Herz auch auf – wie gesagt, als Kind, ich bin ja in einem Dorf groß geworden und wir hatten immer hohe Felder mit Getreide usw., und was du die letzten Jahre so gesehen hast, das war schon auch bitter. Und dieses Jahr wächst zum Glück wieder alles wie im Urwald, das ist ja wirklich alles super gewachsen und es hat ordentlich geregnet. Klar, jetzt kommt wieder so eine Flut – das ist natürlich auch wieder verheerend, aber bislang hatten wir ja diesmal wieder wenigstens einen halbwegs normalen Sommer, es war weder zu warm, war nicht zu kalt und dass man diese Flut… Und ich glaube auch nicht, dass man jeden Fluss mit irgendwelchen Hochwassermauern … weil das sind ja auch kleine Bächlein, die durch irgendwelche Innenstädte fließen. Also auch der Ahr usw., das hätte wahrscheinlich nie jemand gedacht, dass die mal den ganzen… also ich habe Verwandte dort, die haben eine Fahrschule dort, denen sind die ganzen Autos weggeschwommen in Ahrweiler, das Haus steht höher – aber wenn man die Bilder sieht, ist es unvorstellbar. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass man das alles irgendwie zubaut und irgendwelche Maßnahmen… die Stadt neu bauen oder was. Und bis jetzt war es ja so, es gab immer Hochwasser – ich würde ja z. B. auch nicht in Köln am Rhein wohnen, wenn ich das immer jedes Frühjahr sehe, jedes Jahr müssen die ihre Häuser da irgendwie renovieren, weil Hochwasser reingelaufen ist. Aber das ist was Anderes – was hier war, das kannst du, glaube ich, auch mit noch soviel Mauern nicht verhindern, wenn da ganze Stadtteile im Boden versinken sozusagen, es waren über 1000 Leute vermisst, da hätte ich mir auch in Deutschland nicht vorstellen können, dass sowas jemals hierher kommt. Aber wenn man jetzt in China sieht usw., ist das jetzt nicht unser einziges Phänomen, wo man sagen kann, da haben wir zufällig mal Pech gehabt – ich glaube schon, dass es mit dem Klimawandel zusammenhängt. Da kann man jetzt auch das Thema hoch- und runterdiskutieren, ist man jetzt nun Grün angehaucht oder nicht – ich zwar bin kein Grüner, aber ich bin ein Realist und würde sagen, dass man das zumindest auch mal zur Kenntnis nehmen muss. Das wird immer dauern – und auch wenn wir 2045 klimaneutral sind, wird es nicht so sein, dass 2046 kein Hochwasser mehr kommt, also das kann ich mir auch nicht vorstellen.

 

Mikhail Vachtchenko
Transkribiert: Kenneth Plasa

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