Pflege: Leistungsansprüche bleiben oft ungenutzt

Leistungsansprüche

Laut einer Studie verfallen in Deutschland jährlich Leistungsansprüche von Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen im Wert von mindestens zwölf Milliarden Euro. Das ist laut einem Bericht der „Welt am Sonntag“ ein zentrales Ergebnis der mit 56.000 Befragten bisher größten Studie zur häuslichen Pflege in Deutschland, die der Sozialverband VdK in Auftrag gegeben hat und morgen veröffentlichen will.

Demnach haben für die Untersuchung Wissenschaftler der Hochschule Osnabrück errechnet, dass je nach Art der Pflegeleistungen zwischen 62 und 93 Prozent nicht abgerufen werden. Finanziell verfielen allein bei drei wichtigen Hilfsangeboten fast zwölf Milliarden Euro. So stünden monatlich 125 Euro für die Unterstützung im Haushalt zur Verfügung. 80 Prozent der Pflegebedürftigen riefen diesen Betrag nicht ab, damit entgingen ihnen jährlich knapp vier Milliarden Euro, heißt es in dem Zeitungsbericht.

Kurzzeitpflege wird oft nicht beantragt

Für die Inanspruchnahme müsse insbesondere nachgewiesen werden, dass anerkannte Dienstleister im Haushalt helfen. Jedes Bundesland regele das allerdings unterschiedlich. Nicht in Anspruch genommen werden dem Bericht zufolge auch Leistungen, wenn Pflegende ausfallen und vertreten werden könnten: In 70 Prozent der Fälle nutzten Pflegebedürftige und Pflegende diese Möglichkeit der Verhinderungspflege nicht. Hier würden Ansprüche von 3,4 Milliarden Euro nicht wahrgenommen.

Weitere 4,6 Milliarden verfielen, weil die Kurzzeitpflege, die Angehörigen bei Krankheit oder zur Erholung eine Auszeit ermöglichen soll, von 86 Prozent noch nie beantragt worden sei. Die Voraussetzungen, die pflegende Angehörige erbringen müssten, um Leistungen abzurufen, seien „teilweise absurd und unangebracht“, sagte VdK-Präsidentin Verena Bentele der „Welt am Sonntag“. Ihr Verband fordert, einige der Leistungen in einem Budget zusammenzufassen und dieses Pflegebedürftigen unkompliziert zur Verfügung zu stellen.

Hilfsbedürftige finden keine Anbieter

Der Vorstand der Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, sagte dem Evangelischen Pressedienst, dass zwölf Milliarden Euro nicht in Anspruch genommen würden. Es liege an der Situation am Pflegemarkt. „Denn für die monatlich 125 Euro Unterstützung im Haushalt sowie für Kurzzeit- und Verhinderungspflege finden die Hilfsbedürftigen keine entsprechenden Anbieter.“

Zudem sei der Markt an Mitarbeitern leergefegt. Es sei zweifelhaft, ob flexibel einsetzbare Entlastungsbudgets daran etwas grundsätzlich ändern werden. Vielmehr brauche es einen Rechtsanspruch der Pflegebedürftigen gegenüber den Pflegekassen, denn erst dann seien Sachleistungen einklagbar.

(Text gekürzt)

Quelle: tagesschau.de

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