Tafeln – Die Zahl der Bedürftigen steigt

Tafeln

Ein Million Menschen beziehe Lebensmittel von Tafeln, schätzt das DIW. Die Einrichtungen selbst sprechen sogar von zwei Millionen, viele davon sind Kinder.

Weil die Preise besonders für Lebensmittel stark steigen, sind immer mehr Menschen auf die Unterstützung angewiesen. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW)  geht davon aus, dass sich knapp 1,1 Millionen Menschen mit Lebensmitteln von den Tafeln versorgen.

Die Tafeln selbst schätzen die Zahl sogar noch deutlich höher: Der Dachverband spricht inzwischen von deutlich mehr als zwei Millionen Kundinnen und Kunden, mehr als je zuvor. Nach eigenen Angaben sind die Besucherzahlen seit Jahresbeginn bundesweit etwa um die Hälfte gestiegen.

Jede dritte Tafel hat Aufnahmestopp

„Die Lage ist bei allen extrem angespannt“, sagte eine Sprecherin des Dachverbands Tafel Deutschland. Hintergrund sind der Krieg in der Ukraine – und steigende Preise. „Es kommen auch mehr Menschen, die einen Job haben.“

„Wir schicken jede Woche Leute nach Hause“, berichtete kürzlich die Potsdamer Einrichtung angesichts des gestiegenen Andrangs. Bundesweit hat laut Dachverband bis zum Sommer jede dritte Tafel einen Aufnahmestopp eingeführt, weil Lebensmittel oder Helfer fehlten.

Die bundesweit rund 960 Tafeln verteilen an Bedürftige Lebensmittel, die nicht mehr verkauft werden können. Das DIW hat die Teilnehmer seiner Umfrageserie Sozio-oekonomisches Panel 2020 gefragt, ob aus ihrem Haushalt im Vorjahr jemand bei einer Tafel war.

Geschäfte geben weniger Lebensmittel an Tafeln

DIW-Forscher Markus Grabka bestätigte den Einfluss der Inflation auf die Besucherzahlen. Hohe Energie-Vorauszahlungen führten auch Menschen mit nicht ganz geringem Einkommen in die Einrichtungen. Hinzu kämen viele Flüchtlinge aus der Ukraine.

Gleichzeitig werde die Versorgung schwierig, weil die Lebensmittelgeschäfte weniger Lebensmittel verschwenden, die sonst an die Tafeln gegangen wären. Beispiele sind Angebote mit „geretteten Lebensmitteln“ im Ladenregal.

Kein Ersatz für Armutsbekämpfung

Drei Viertel der Menschen, die Tafeln 2019 nutzten, lebten von Grundsicherung, wie das DIW herausfand. Viele seien von Armut bedroht und gesundheitlich beeinträchtigt. Besonders häufig nutzen sie Alleinerziehende und Paare mit Kindern. Ein Viertel der Menschen, die von den Tafeln profitierten, seien Kinder.

Tafeln könnten die staatliche Armutsbekämpfung nicht ersetzen, warnt DIW-Forscher Jürgen Schupp. „Dass vor allem Familien Tafeln nutzen müssen, wirft kein gutes Licht auf die soziale Absicherung von Kindern“, sagte er. „Die Ampelkoalition muss jetzt zügig die Kindergrundsicherung auf den Weg bringen.“

(Text gekürzt)


Quelle: Zeit.de

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